Pressemeldung der Landeshauptstadt Hannover
- 12.02.2020
Stadtbibliothek Hannover stark nachgefragt – erfolgreiche Bilanz für 2019
Gestiegene Besuchszahlen, gestiegene Mediennutzungen: Die Stadtbibliothek ist stark gefragt. Erstmals seit sechs Jahren stieg die Zahl der Besuche – von 1.421.542 im Jahr 2018 (gegenüber 1.463.867 in 2017) auf 1.544.887 in 2019. Auch die Zahl der Entleihungen konnte auf 4.562.655 gesteigert werden, das ist bisheriger Rekord (2018: 4.277.008).
Sehr gut besuchte Zentrale
Die Zentralbibliothek in der Hildesheimer Straße, die im vergangenen Jahr 383.171 Besuche verzeichnete, punktet mit vielen Arbeitsplätzen, einem stabilen WLAN, einem umfangreichen Medienangebot, vielfältigen Veranstaltungen, gutem Service und 48 Öffnungsstunden in der Woche. Im Schnitt kamen pro Öffnungstag 1.257 Menschen in die Zentrale, die räumlich damit an ihren Grenzen ist. 37 Prozent aller Besucher*innen halten sich länger als zwei Stunden in der Zentralbibliothek auf. Sie lesen und arbeiten alleine oder in Gruppen. Um das zu ermöglichen, wurden in den vergangenen Jahren zusätzliche Arbeits- und Leseplätze eingerichtet, die allerdings gerade in den Monaten von November bis April oft nicht ausreichen.
Stadtteilbibliotheken legen zu
Die Stadtteilbibliotheken insgesamt verzeichneten 1.161.716 Besuche. In allen Einrichtungen gab es eine zahlenmäßige Steigerung. Besuchsstärkste Stadtteilbibliotheken sind Döhren, List, Linden und Oststadt, die alle um die 100.000 Besuche verzeichnen konnten. Die aktuellen Bestände, die gezielte Medienauswahl, der gute Service, die oft persönliche Atmosphäre und die Investitionen in die Einrichtung, wie zuletzt in Herrenhausen und Kleefeld, haben zu einer Attraktivitätssteigerung und zu hoher Akzeptanz beigetragen.
Mehr Zahlen, Daten, Fakten
Die Zahl der eingetragenen Nutzer*innen mit gültigem Bibliotheksausweis liegt für das Gesamtsystem bei 70.204, das sind 1,5 Prozent weniger als im vergangenen Jahr. 40 Prozent sind unter 25 Jahre alt. Die Zahlen dokumentieren die Bedeutung der Stadtbibliothek gerade für Kinder und junge Menschen in der Ausbildung. Da der Besuch der Einrichtungen und die Vor-Ort-Nutzung nicht an den Besitz eines Bibliotheksausweises gekoppelt sind, ist von einem höheren Anteil dieser Altersgruppe in der Alltagspräsenz auszugehen.
Die Mediennutzungen haben sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Mehr und mehr werden elektronische Medien nachgefragt. Diese können rund um die Uhr von zuhause oder von unterwegs ausgeliehen werden, ohne dass eine Bibliothek aufgesucht werden muss. Allein die E-Medienausleihe verzeichnete 317.655 Entleihungen. Dazu kommen andere Nutzungsformen, wie Film- und Musikstreaming, e-learning-Angebote zum Sprachenlernen und Zeitungsdatenbanken. Hier ist der Press Reader, eine Datenbank mit mehreren Tausend Zeitungen, der absolute Renner mit mehr als 400.000 Nutzungen, Tendenz weiter steigend.
Um das Medienangebot aktuell halten zu können, sind kontinuierlich neue Medien gekauft und veraltete, verschlissene ausgesondert worden. 2019 konnten insgesamt 82.314 Medien neu beschafft werden.
Trendthemen: „Fake News“, Klimawandel, Reiseberichte und Ratgeber – von Plastikvermeidung bis Stressbewältigung
Welche Trends lassen sich ansonsten erkennen? In der Belletristik ist auch in diesem Jahr wieder die Spannungsliteratur am erfolgreichsten und beliebtesten, wobei die Fülle der Regionalkrimis leicht abgenommen hat. Auffällig ist, dass immer mehr Reihen erscheinen und Geschichten mehrteilig erzählt werden. Ungebrochen ist die Beliebtheit von Hörbüchern. Hier gibt es ein neues Medium auf dem Markt: Hörbücher für Kinder und Erwachsene auf einem USB-Stick, verpackt als kleines Buch.
„Fake News“ beschäftigen viele Menschen. Besonders in der Zentralbibliothek ist das Thema Fakten und der Umgang mit Fakten in der Politik gefragt: Wer bestimmt und formuliert die Themen, über die diskutiert wird? Wie kann man „Fake News“ von wahren Informationen unterscheiden? Wie kann man sich in populistischen Diskussionen behaupten? Hierzu sollen im laufenden Jahr Veranstaltungen angeboten werden. Auch Literatur über Vorurteile, Verschwörungstheorien, „Lügenpresse“, Propaganda und Zensur ist in diesem Zusammenhang neu gefragt. Die Stadtbibliothek stellt die verschiedenen Positionen des demokratischen Spektrums ihren Lesern*innen zur Meinungsbildung zur Verfügung.
Wenig überraschend ist, dass die öffentlichen Diskussionen um den Klimawandel viele Nachfragen nach Wissen und Informationen erzeugt. Es geht um Fakten und Prognosen sowie um die Frage: Was kann ich tun? Ratgeber, insbesondere zur Vermeidung von Plastikmüll, sind sehr gefragt. Im Zuge des Klimawandels sind auch Kapitalismuskritik und System-Alternativen ein gut ausgeliehenes Segment. Es erscheinen wieder mehr Medien zum Thema „Feminismus“, auch aus anderen Perspektiven, wie der islamischen. Stark nachgefragt waren auch Auseinandersetzungen zum Rechtsradikalismus oder zum Islam in Deutschland sowie zu Digitalisierung und zu künstlicher Intelligenz.
Aufgrund verschiedener Jubiläen waren Themen wie 30 Jahre Mauerfall, Menschen in Ost- und Westdeutschland oder „Bauhaus“ sehr präsent. Ein weiterer Trend der vergangenen zwei bis drei Jahre sind Reiseberichte von Menschen „wie du und ich“, die entweder ihre Reiseblogs in Buchform veröffentlichen oder direkt „analog“ schreiben.
Der Lebensratgeber-Markt boomt, insbesondere biografische Erzählungen über die Bewältigung von Krisensituationen. Passend dazu sind Ratgeber zur Entwicklung von Resilienz, Stressbewältigung im Alltag und in besonderen Lebenskrisen und das Erlangen von Selbstbewusstsein mit Unterstützung von Achtsamkeitsübungen und Meditation sehr beliebt. Das Thema „Gewaltfreie Kommunikation“ erlebt ein Revival. Die Nachfrage nach Büchern zu gesunder Ernährung bleibt weiter hoch.
Bei den CD-Roms, die einen Teil des Sachmedien-Marktes bestimmten, gehen die Nachfrage und auch das Angebot zurück. Neu ins Angebot aufgenommen wurde ein Filmstreamingdienst, der das breite Angebot an Film-DVDs erweitert.
Kinder lesen Greg, Fantastisches und Sachbücher zum Umweltschutz
Bei den Kindermedien sind Gregs Tagebücher immer noch die absoluten Renner. Sie gibt es in den Bibliotheken in vielen Versionen (online, offline, zum Hören, zum Lesen, auf Deutsch, Englisch und einige auf Arabisch). Außerdem sind Tonies stark gefragt, daneben TipTois (nahezu alle Kindersachliteraturbestseller waren TipToi-Bücher) und Konsolenspiele, bei denen Nintendo-Switch sehr stark ausgeliehen werden.
Fantastische Geschichten sind weiterhin beliebt im Kinder- und Jugendbereich. Bei den Kindersachbüchern sind es Klimakrise, Umwelt und Umweltschutz mit praktischen Tipps. Naturwissenschaften und Entdecker*innen sind sehr gefragt, außerdem alles zu Minecraft (Handbücher zu: „Wie baue ich Meisterwerke? Wie löse ich Mini-Spiele in Minecraft?“ Außerdem erzählende Literatur in der Minecraft-Welt).
Mit dem hannoverschen Sender h1 wurde im Format „Hey Hanni“ auf H1 ein Film für Kinder gedreht, in dem ein Kinderreporter vorstellt, wie Bücher in die Bibliothek kommen und was alles getan wird, damit sie ausgeliehen werden können.
Barrierefreier Bücherbus gestartet – Kreativraum gut gebucht
Wichtig war die Beschaffung eines neuen Fahrbibliotheksfahrzeuges, das einen barrierefreien Zugang ermöglicht. Es hat im September seinen Betrieb aufgenommen und seine Bewährungsprobe bestanden. Ebenfalls im September war Hannover Austragungsort des 1. Internationalen Fahrbibliothekskongresses mit Gästen aus mehr als zehn Ländern.
Viele Veranstaltungen sind inzwischen crossmedial: Einführungen in die Bibliotheksbenutzung, Trainings zum Finden und Bewerten von Informationen setzen Tablets ein, denn es geht nicht mehr nur um die Informationssuche in Büchern, sondern auch im Netz. Ziel der Stadtbibliothek Hannover ist es, Medienkompetenz umfassend zu vermitteln: sowohl die Nutzung technischer Geräte als auch die Bewertung von Inhalten aus gedruckten oder digitalen Informationen.
Stark im Kommen sind weiterhin Spiele. Neben dem Ausleihangebot gibt es eine Reihe von Spielenachmittagen und –abenden in den Bibliotheken für Jung und Alt. Hier treffen sich Menschen, die zu Hause keine/n Spielpartner*in finden oder gerne neue Leute kennenlernen möchten. Schach, Mahjong und andere Spieleklassiker stehen genauso hoch im Kurs wie Online-Spiele. Minetest- oder Buch-Block-Bau wird in den Ferien angeboten, weil dann den Kindern ein größerer Zeitrahmen zur Verfügung steht.
Im 2018 eröffneten Kreativraum der Zentralbibliothek fanden analoge und digitale Spieleveranstaltungen, Orimoto-Veranstaltungen (Papier falten) und Literaturkreise statt, online-Kurse wurden gemeinsam besucht, eine VR-Brille oder der 3-D-Drucker ausprobiert, die von Mitarbeiter*innen zweimal pro Woche angebotene, stark nachgefragte e-Reader-Sprechstunden durchgeführt und es tagte die Kinderjury zum Testen neuer Spiele für den deutschen Kindersoftwarepreis „TOMMI“. Auch der vom „Verein der Freunde der Stadtbibliothek Hannover e.V. “ angebotene Gesprächskreis Deutsch nutzt diesen Raum gerne, um Raum für mehrere Gruppen parallel zu haben.
Leseförderung von Anfang an
Die Verbesserung von Lese- und Sprachkompetenz ist weiterhin fundamentales Thema in der Bibliotheksarbeit. Hier unterstützt der „Verein der Freunde der Stadtbibliothek Hannover e.V.“ viele Aktivitäten durch Spenden. Auch ist es gelungen, Gelder aus dem bundesweiten Förderprogramm „Lesen macht stark“ einzuwerben. Wie nötig Leseförderung ist, haben die Ergebnisse der im November 2019 veröffentlichten PISA-Studie gezeigt. Eltern, Kitas und Schulen bei dieser Aufgabe zu unterstützten und Kindern Lesefreude zu vermitteln, ist Ziel zahlreicher Veranstaltungen, angefangen von der beliebten Reihe „Babys in der Bibliothek“ über Bilderbuchkinos, Erzähl- und Puppentheater, Lesungen, den Julius-Club und das Lesementoring bis zu den Bibliothekseinführungen für Kinder. Mehrsprachige Bilderbuchkinos werden regelmäßig deutsch-englisch (Linden), deutsch-türkisch (Linden), deutsch-persisch (Linden) oder deutsch-spanisch (Misburg) angeboten, ab 2020 auch deutsch-russisch und deutsch-chinesisch in der Südstadt.
Mehr als 4.000 Veranstaltungen für Kinder
Das neue Bibliotheksfahrrad war auch außerhalb der Einrichtungen auf Stadtteilfesten, im Schwimmbad und auf Spielplätzen unterwegs, um Literatur direkt zu den Leser*innen zu bringen. Neben der jährlich stattfindenden Jugendbuchwoche und der anschließenden Jugendbuchwanderausstellung fand zum zweiten Mal das Kinder Literaturfestival „Salto wortale“ am Rathaus statt. Und natürlich haben sich die Bibliotheken auch an der bundesweiten Woche der Sprache und des Lesens im Mai beteiligt. Insgesamt wurden 2019 mehr als 4.000 Veranstaltungen für Kinder durchgeführt.
Literatur spielt auch bei den Erwachsenen eine große Rolle: Zusätzlich zum breiten Lese- und Hörangebot gibt es in den Stadtteilbibliotheken und der Zentrale Schreibwerkstätten, Literaturkreise, Buchcafés, Buchvorstellungen und Lesungen.
Provenienzforschung fortgesetzt
Die Erforschung der Herkunft älterer Buchbestände auf unrechtmäßig erworbene Bücher wurde 2019 fortgesetzt. In bisher sieben Fällen wurden nach aufwändigen Recherchen Bücher an die Nachkommen früherer jüdischer Eigentümer*innen, die ihres Besitzes zwischen 1933 und 1945 beraubt wurden, zurückgegeben. In der Ausstellung und in dem zugehörenden Begleitband „Spuren der NS-Verfolgung. Über Herkunft und Verbleib von Kulturgütern in den Sammlungen der Stadt Hannover" im Museum August Kestner wurden Beispiele von Verfolgungsschicksalen und verlorenen Büchern der Öffentlichkeit vorgestellt.
Ausblick
Vom 26. bis zum 29. Mai 2020 wird in Hannover im Hannover Congress Centrum (HCC) der 109. Deutsche Bibliothekartag ausgetragen – das Branchentreffen der Bibliotheken, zu dem rund 4.500 Menschen erwartet werden.
Die bereits für das vergangene Jahr geplante Neueinrichtung der Stadtteilbibliothek in Misburg wird 2020 umgesetzt. Auch die Stadtteilbibliothek Ricklingen wird neue Möbel erhalten. In das hannoversche Schulportal werden Online-Angebote der Stadtbibliothek eingebunden. Nach fast zehn Jahren im Betrieb benötigt die Zentralbibliothek eine neue Mediensortieranlage, um die zurückgegebenen Medien den unterschiedlichen Etagen im Haus sowie den Stadtteilbibliotheken zuordnen zu können. Zudem werden nach vielen Betriebsjahren alle Internet-PCs für die Bibliotheksnutzer*innen ausgetauscht und auf den neuesten Stand gebracht. Die fünf Jahre alten strategischen Ziele der Stadtbibliothek Hannover werden überarbeitet.