Pressemeldung der Landeshauptstadt Hannover
- 19.05.2017
- 250 Jahre Hinüberscher Garten:
Einer der ältesten Landschaftsgärten Deutschlands feiert Jubiläum
Der Hinübersche Garten am Kloster Marienwerder besteht seit 250 Jahren. Das wird am morgigen Sonnabend (20. Mai) mit einem Gartenfest gefeiert. Von 13.45 bis 17.30 Uhr erwarten die BesucherInnen neben namhaften Gästen Musik und Tanz sowie Parkführungen und Hörspaziergänge.
Der Park wurde im Jahr 1767 durch den damaligen Amtmann des Klosters Marienwerder, Jobst Anton von Hinüber (1718 bis 1784), angelegt. Bereits wenige Jahre nach seiner Fertigstellung entwickelte sich der Hinübersche Garten zu einem beliebten Anziehungspunkt, der er bis heute geblieben ist. Seit 1987 steht der Park unter Denkmalschutz.
Das diesjährige Jubiläum hat der Fachbereich Umwelt und Stadtgrün zum Anlass genommen, im Vorfeld umfangreiche Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen durchzuführen. So wurden weitere Blickbeziehungen im Park geschaffen und Pflanzen im Bereich des sogenannten Hexenturms neu gesetzt. Auch der Sockel am Denkmal für Cecilie von Issendoff wurde neu installiert, um die Inschrift des Denkmals den BesucherInnen besser und dauerhaft lesbar darzustellen.
Durch neue Informationsschilder an den Parkeingängen, eine Tafel am Standort des einstigen „Tempels der Humanität“, die aktualisierte neue Broschüre zum Park und durch den überarbeiteten Hörspaziergang wird die Geschichte und Entwicklung des Parks für BesucherInnen besser nachvollziehbar.
Festprogramm
Den Beginn des Festaktes markieren Interpretationen klassischer Musikstücke aus der Entstehungszeit des Parks, gespielt vom Duo FLEURdeON, sowie eine einmalige Ballettinszenierung, choreografiert von Cássia Lopes, Solotänzerin an der Staatsoper Hannover. Nach dieser Einstimmung werden Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok, Prof. Dr. Axel Priebs, Erster Regionsrat und Dezernent für Umwelt, Planung und Bauen der Region Hannover, Dr. Siegfried Schildmacher, Stuhlmeister der Freimaurerloge „Friedrich zum Weißen Pferde“, sowie Hans-Christian Biallas, Präsident der Klosterkammer Hannover, die Jubiläumsfeier offiziell eröffnen.
Um 15 Uhr und um 16.15 Uhr bieten Daniel Reich und Dr. Siegfried Schildmacher Interessierten Führungen zur historischen Entwicklung des Hinüberschen Gartens und zu den freimaurerischen Einflüssen auf die Parkgestaltung an.
Wolfgang Buntrock und Frank Nordiek vom hannoverschen Atelier „LandArt“ erläutern von 15 bis 16.30 Uhr die temporäre Kunstinstallation „Tempel der Humanität“ .
Von 14 bis 17 uhr präsentiert Rainer Bonk aus Rheinberg sein Kunst-Sozialprojekt „Der Blauschäfer“. Mit einer kleinen „Schafherde“ will er an den ehemaligen landwirtschaftlichen Charakter des Parks erinnern.
Darüber hinaus können die BesucherInnen Audiogeräte zum neuen Hörspaziergang vor Ort ausleihen und damit selbstständig durch den Park spazieren. Im Rahmen des Festes werden die neuen Informationsschilder an den Parkeingängen und die neue Broschüre und der neue Hörspaziergang zum Hinüberschen Garten vorgestellt.
Zum Ausklang wird Martin Wendt um 17.15 Uhr besinnliche klassische Fanfaren auf seiner Trompete vom sogenannten Hexenturm aus in den Wald des Hinüberschen Gartens ertönen lassen.
Alle Programmpunkte sowie ein Lageplan und eine Anfahrtsskizze sind in einem Flyer zu finden, der im Internet unter www.hannover.de (Suchwort „Hinüberscher Garten“) zum Download angeboten wird. Dort lassen sich auch die neue Broschüre und der Hörspaziergang herunterladen.
Die Jubiläumsveranstaltung ist zugleich der offizielle Auftakt des diesjährigen Programms der Gartenregion. Der Hinübersche Garten wird in diesem Rahmen am 17. Juni auch zur grünen Kulisse für ein Parkkonzert des Chors der Leibniz Universität und des Hannoverschen Oratorienchors. Weitere Informationen zu diesem Programm bietet das Internet unter www.gartenregion.de.
Hintergrundinformationen:
Der Hinübersche Garten entstand im Jahr 1767 unweit des Klosters Marienwerder. Im Jahr 1760 trat Jobst Anton Hinüber – er wurde im Jahr 1765 geadelt – seinen Dienst als Amtmann zu Marienwerder an. Zuvor hatte er Bildungsreisen in die Niederlande, nach Frankreich und England unternommen. Sein besonderes Interesse galt den englischen Landschaftsgärten, der Chausseebaukunst und den neuen Techniken der in der Blüte stehenden englischen Landwirtschaft. Die Reisen beeinflussten die Gestaltung des Hinüberschen Gartens maßgeblich. Wie in England üblich, strebte auch Jobst Anton von Hinüber in Marienwerder eine harmonische Einheit von gestalteter Landschaft und landwirtschaftlichen Flächen an.
Hinüber orientierte sich dabei – wie seine Vorbilder in England – auch an den Prinzipien der Landschaftsmalerei. Umliegende Acker-, Forst- und Weideflächen wertete er durch Alleepflanzungen und Einfriedungen auf und verband sie auf diese Weise zu einer dekorativen Einheit mit dem Garten. Er inszenierte Ausblicke aus dem Park in die umliegende Landschaft und schuf so einen Hintergrund für seine „Parkbilder“. Blickfänge und Staffagebauten wie die künstliche Ruine oder Architekturelemente wie Lauben und Brücken bildeten den Mittelpunkt. Im Vordergrund setzte er einen Pavillon am Teich, Brücken und Gedenkurnen. So entstanden für das den Garten betrachtende Auge viele begehbare Landschaftsgemälde. Auf einer Fläche von rund 40 Hektar schuf Jobst Anton von Hinüber so einen der ersten Landschaftsgärten im englischen Stil in Deutschland und trug so nachweislich zu seiner Verbreitung bei. Der Park galt schon zur damaligen Zeit als Musterbeispiel eines sentimentalen Gartens im englischen Stil.
Nach von Hinübers Tod im Jahr 1784 stellte die Familie mit Gerhard Friedrich Otto von Hinüber (1752 bis 1815) zum dritten Mal den Amtmann von Marienwerder. Als interessierter Dendrologe zeichnete er vor allem für die Pflanzung exotischer Gehölze im Hinüberschen Garten verantwortlich. Nach seinem Tod übernahm seine Frau Juliane das Klostergut samt Park. Dank ihrer Pflege blieb er noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts ein beliebter Anziehungspunkt für BesucherInnen. Nach ihrem Tode im Jahr 1850 wurde der Park als „erhaltenswertes Werk der Gartenkunst“ anerkannt.
Im Laufe der darauffolgenden Jahrzehnte wurde viel von den ursprünglichen Strukturen - im wörtlichen Sinne – überwuchert. Aber im Unterschied zu vielen anderen Parks wurde der Hinübersche Garten nie grundlegend überformt. Dennoch gab es Veränderungen:
Mitte des 19. Jahrhunderts entstand nördlich der heutigen Garbsener Landstraße der neue Gemeindefriedhof. Dadurch wurden wichtige Sicht- und Wegebeziehungen zwischen dem Glockenberg im Klosterforst und dem südlichen Parkteil getrennt.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verschwanden viele der bis dahin erhaltenen Ausstattungselemente des Parks. Nach dem Abriss des Amtmannhauses im Jahr 1907 verwilderte anschließend auch der dazugehörige Gartenteil. Eine Bestandsaufnahme von 1851 hatte noch einen Pavillon am Teich, mehrere Brücken und Reste einer Grotte verzeichnet.
1927 wurde die Unterhaltung des Parks von der städtischen Forstverwaltung übernommen. Die Aussichtshäuschen und zahlreichen Brücken waren 1930 ebenso verschwunden wie viele der Bänke samt Inschriften. Die Einsiedelei, der Gedenkfriedhof und der Druidenaltar waren kaum noch vorhanden. Der Teich verschlammte und die Blumeninsel überwucherte. Das Denkmal des Gerhard von Hinüber wurde durch junge Gehölze fast vollständig verdeckt.
Nach einem Gutachten (Dr. Alfred Hoffmann) über die Grundsätze und Ziele der künftigen Behandlung des Parks kam es 1966 zu ersten Instandsetzungsmaßnahmen. Im Jahr 1987 wurde der Hinübersche Garten unter Denkmalschutz gestellt.
Ein umfangreiches Parkpflegewerk, das 1997 Dr. Michael Rohde, heute Gartendirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten in Potsdam, im Auftrag der Stadt Hannover erarbeitet hat, bildete den Grundstein für die weiteren Arbeiten im Park. Das damalige Grünflächenamt, heute Fachbereich Umwelt und Stadtgrün der Landeshauptstadt Hannover, nutzte im Jahr 1999/2000 die Chance, den rund 40 Hektar großen Park im Rahmen des weltweiten EXPO-Projektes „Stadt als Garten“ wiederherzurichten.
An einigen Stellen wurden ehemalige Aussichten und Blickachsen in die umgebende Landschaft wieder freigestellt. Das Wegesystem wurde erneuert und ergänzt, die Denkmale im Park in Stand gesetzt und neue Bänke aufgestellt. An den Wiederherstellungsarbeiten beteiligten sich neben der Stadt Hannover der damalige Kommunalverband Großraum Hannover, das Land Niedersachsen, die Klosterkammer Hannover und die EXPO 2000 Hannover GmbH.
In den darauffolgenden Jahren wurde der Teich aufwändig entschlammt und an seine ursprünglich historische Form angepasst. Ehemalige und neue Ausstattungselemente wurden im Hinüberschen Garten aufgestellt. Weil die ursprüngliche Gestaltung des Parks auch freimaurerische Einflüsse beinhaltet, wurden mit Unterstützung der Freimaurerloge „Friedrich zum Weißen Pferde“ in den Jahren 2012/2013 historische Gedenkurnen (für Minister Gerlach Adolph Freiherr von Münchhausen, Christian von Behr und Julius Melchior Strube) im Park aufgestellt. Neun Sandsteinblöcke mit freimaurerischen Sinnsprüchen im Park weisen auf besondere Orte hin.
Der Hinübersche Garten wurde nachweislich mit freimaurerischen Einflüssen gestaltet. Eine Zugehörigkeit des Gartenschöpfers zur freimaurerischen Wertegemeinschaft gilt gemeinhin als erstes Indiz. Jobst Anton von Hinüber bekleidete von 1753 bis 1755 das Amt des Stuhlmeisters (Vorsitzender) der Freimaurerloge „Friedrich“, die später in „Friedrich zum Weißen Pferde“ umbenannt wurde, und von 1755 bis 1765 das Amt des Großmeisters der Provinzialgroßloge des Kurfürstentums Hannover.
Noch heute können Besucherinnen und Besucher auf dem sogenannten „Initiationsweg“ im Park flanieren, an Ausstattungselementen freimaurerischer Deutung mit Sinnsprüchen entlang. Ein wichtiges Ausstattungselement dieses Weges ging allerdings verloren - der sogenannte „Tempel der Humanität“. Ein neues Schild mit Erläuterungen am Wegesrand und die neu im Park aufgestellte temporäre Installation „Humanität“, die durch das Atelier LandArt entwickelt und von der Schülerfirma Metalltechnik der BBS ME Otto-Brenner-Schule gefertigt und aufgestellt wurde, sollen an dieses ehemalige Ausstellungselement erinnern.
Anhänge
- Programm_250_Jahre_Hinüberscher_Garten