Pressemeldung der Landeshauptstadt Hannover
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- 27.05.2020
- Europaweite Ausschreibung abgeschlossen:
Stadt vergibt Auftrag zur thermischen Verwertung von jährlich 56.000 Tonnen Klärschlamm an enercity
Die Landeshauptstadt Hannover beauftragt den Energieversorger enercity mit der thermischen Verwertung von jährlich 56.000 Tonnen Klärschlamm. Der Auftrag beginnt am 1. Januar 2023 und hat eine Laufzeit von 25 Jahren. Damit endet ein eineinhalbjähriges Verfahren, das durch Rechtsstreitigkeiten beeinflusst war. In Hannover fallen jährlich rund 56.000 Tonnen Klärschlamm auf den beiden Großklärwerken Herrenhausen und Gümmerwald an. Die Neugestaltung des Rechtsrahmens für die Klärschlammentsorgung machte wie in vielen Großstädten auch für die Stadtentwässerung Hannover ein europaweites Ausschreibungsverfahren notwendig, um die Entsorgungssicherheit in den kommenden Jahren zu gewährleisten.
Novellierung der Klärschlammverordnung als Ausgangspunkt
So wurde im Jahr 2017 die Klärschlammverordnung novelliert, wonach Klärschlamm für Großstädte wie Hannover nur noch bis 2029 bodenbezogen als Dünger in der Landwirtschaft verwertet werden kann. Zugleich wurde den großen Entwässerungsunternehmen die Verpflichtung auferlegt, eine Rückgewinnung des enthaltenen Phosphors sicherzustellen, damit diese wertvolle Ressource dem Kreislauf erhalten bleibt. Neue Techniken, insbesondere zur Rückgewinnung des in der Klärschlammverbrennungsasche enthaltenen Phosphors, werden entwickelt und etablieren sich in zunehmenden Maße.
„Als Landeshauptstadt Hannover haben wir frühzeitig mit einer europaweiten Ausschreibung auf diese Entwicklungen reagiert und können nun die Entsorgung für die kommenden Jahre sicherstellen“, sagt Sabine Tegtmeyer-Dette, Erste Stadträtin und Wirtschafts- und Umweltdezernentin. „Mit der nun erfolgten Auftragsvergabe kann eine umweltverträgliche Klärschlammentsorgung durch ein regionales Unternehmen für Hannover verwirklicht werden.“
Drei zu bewertende Angebote
An dem Ausschreibungsverfahren hatten sich mehrere Bietende beteiligt, von denen drei Unternehmen Angebote eingereicht hatten. Die Ausschreibung berücksichtigte neben dem Angebotspreis verschiedene, gewichtete Kriterien. So mussten die Bietenden verschiedene Anforderungen erfüllen und Konzepte vorlegen, die Gegenstand der Angebotsbewertung waren.
Phosphorrückgewinnung als Kriterium
Anbietende Unternehmen hatten beispielsweise mit ihrem Angebot ein Konzept zu erstellen, bis wann und mit welchem Verfahren eine Rückgewinnung des Phosphors erfolgen soll, denn ab 2029 besteht die Verpflichtung zur Rückgewinnung des Phosphors aus Klärschlämmen und Klärschlammaschen. Diese Verpflichtung hat das Unternehmen zu übernehmen, das den Auftrag erhält. Des Weiteren war eine Standortbeschreibung einzureichen und ein Energiekonzept, in dem die Bietenden mögliche Synergien durch die Abnahme von Energieströmen am Standort darzulegen hatten.
Die im Zuge der Klärschlammverbrennung erzeugte elektrische und thermische Energie kann für die Eigenversorgung des Strombedarfes der Behandlungsanlage und des Wärmebedarfes der Klärschlammtrocknung genutzt werden. Darüber hinaus steht in Abhängigkeit von der Größenordnung Energie zur weiteren Nutzung zum Beispiel für die Fernwärmeversorgung zur Verfügung. Kann die Energie abgenommen werden, ergibt sich ein standortspezifisches Potenzial in der externen Energienutzung und damit ein Vorteil bei der Vermeidung von Kohlendioxid-Belastungen. Ferner war ein Transportkonzept vorzulegen, woraus hervorgeht, welche Transporte für den Klärschlamm und welche für die Ascheverwertung entstehen. Auf der Grundlage beschriebener Wertungskriterien erfolgte im Rahmen der Angebotsprüfung eine Gesamtbewertung der Angebote.
Langfristig wirtschaftlich für die Stadtentwässerung
Ob für die Übernahme des Auftrags eine bereits bestehende Klärschlammmonoverbrennungsanlage oder ein entsprechender Neubau – wie ihn enercity plant – genutzt wird, oblag den jeweiligen Bietenden, die für Genehmigung, Bau und Betrieb selbständig verantwortlich sind. „enercity hat im Verfahren ein Gesamtkonzept eingereicht, welches uns wirtschaftlich und verfahrenstechnisch überzeugt hat“, ergänzt Matthias Görn, Leiter der Stadtentwässerung Hannover. „Der Auftrag sichert uns langfristig wirtschaftliche Ergebnisse und ist auch im bundesweiten Vergleich ein sehr gutes Resultat.“
Die europaweite Ausschreibung wurde bereits mit der Veröffentlichung im November 2018 begonnen. „Durch Rechtsstreitigkeiten der Bietenden untereinander, die bei Verfahren dieser Größenordnung nicht ungewöhnlich sind, war das Verfahren zeitweise unterbrochen. Hintergrund war die ausschreibungskonforme Anwendung der Vorgaben zum Energiekonzept. Die Vergabekammer und das Oberlandesgericht Celle hatten sich im vergangenen Jahr der Rechtsauffassung der Landeshauptstadt Hannover umfänglich angeschlossen, sodass das Ausschreibungsverfahren nun erfolgreich beendet werden konnte“, erläutert Görn.
Hintergrundinformationen: Stadtentwässerung Hannover
Seit mehr als 120 Jahren sorgt die Stadtentwässerung Hannover, als Eigenbetrieb der Landeshauptstadt Hannover, auf hohem Niveau für Wasserqualität für derzeit rund 750.000 Menschen im Stadtgebiet und den Umlandgemeinden. Nach Hamburg und Berlin verfügt Hannover mit 2.548 Kilometern Länge über das drittlängste Kanalnetz in Deutschland sowie zwei Großklärwerke mit einer Ausbaugröße von 1.250.000 Einwohnergleichwerten (EW), in denen jedes Jahr rund 60 Millionen Kubikmeter Abwasser gereinigt werden. Mit einem Anlagenwert von 812 Millionen Euro gehören die Entwässerungsanlagen zu den größten Vermögenspositionen der Landeshauptstadt Hannover.
Die Stadtentwässerung schafft damit eine wesentliche Voraussetzung für gesundes und umweltbewusstes Leben in der Stadt. Nachhaltigkeit, Arbeitssicherheit, Umwelt- und Gewässerschutz sowie Gebührenstabilität und beste Beratung bei allen Abwasserfragen sind dabei selbstverständlich. Seit 1996 ist die Stadtentwässerung Hannover ein kommunaler Eigenbetrieb, der mit seiner Arbeit viel für die Bürger*innen der Landeshauptstadt Hannover und der Region leistet.